Femgerichte

Femgerichte
Femgerichte,
 
Feme, Fehme, Freigerichte, v. a. im 13.-15. Jahrhundert die Gerichte Westfalens, die schwere Rechtsbrüche (z. B. Raub, Mord, Brandstiftung) aburteilten. Sie standen in der Nachfolge alter gräflicher und vogteilicher Gerichtsbarkeit. Femgerichte wurden oft unter einer Linde, der »Femlinde«, abgehalten. Der Gerichtsinhaber wurde »Stuhlherr« genannt, Gerichtsvorsitzender war der Freigraf, Urteilsfinder waren die Freischöffen, die Dingstätte wurde Freistuhl genannt. Die Femgerichte tagten öffentlich als »offenes« Gericht (echtes Ding) für die gewöhnlichen Rechtssachen ihres Sprengels oder unter Ausschluss der Öffentlichkeit als »heimliches« oder »stilles« Gericht (gebotenes Ding), besetzt mit dem Freigrafen und sieben Freischöffen, zur Aburteilung auswärtiger Rechtssachen. Wer der Ladung vor die Femgerichte nicht Folge leistete, wurde »verfemt«, ihm drohte die Hinrichtung. Seit dem 14. Jahrhundert griff die Wirksamkeit der Femgerichte über Westfalen hinaus auf ganz Deutschland über, beschränkt auf Fälle von Rechtsverweigerung und -verzögerung. Der überregionale Kompetenzanspruch der Femgerichte fand im Frankfurter Reichstagsabschied von 1442 eine gewisse reichsrechtliche Anerkennung. Durch Abwehrbündnisse der Landesherren und Städte, die das Eingreifen dieser fremden Gerichtsgewalten in ihre Herrschaftsgebiete als Übergriffe empfanden, wurde ihr Einfluss noch im 15. Jahrhundert gebrochen. Die Femgerichte sanken zu bedeutungslosen Bauerngerichten herab. - Um 1810 wurden sie durch die französischen Machthaber in Westfalen beseitigt.
 
 
F. P. Usener: Die frei- u. heiml. Gerichte Westphalens (1832);
 T. Lindner: Die Veme (Neuausg. 1896);
 O. Schnettler: Die Veme (21933);
 C. W. Scherer: Die westfäl. F. u. die Eidgenossenschaft (Aarau 1941).
 

Universal-Lexikon. 2012.

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